Die Pflicht zur Ermittlung von Nachhaltigkeitspräferenzen von Anleger*innen sollte eigentlich im August 2022 in Kraft treten. Auf Nachfrage eines Verbandes hat das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) nun mitgeteilt, dass dies für Finanzanlagenvermittler (§34f/h GewO) nicht gilt. Aber: Aufgeschoben ist nicht aufgehoben!
Begründung laut Juristen überraschend
Laut Juristen aus dem Bereich der Vermittlerverbände ist die Begründung des Aufschubs überraschend: Die aktuelle Finanzanlagenvermittlungsverordnung (FinVermV) beziehe sich noch nicht auf die geänderte MiFID II. Es gäbe eigentlich keinen besonderen Hinweis darauf, dass diese nur in einer bestimmten Fassung anzuwenden sei.
Aufgeschoben ist nicht aufgehoben
Das BMWK hat jedenfalls ausdrücklich betont, dass die Regelungen der MiFID II grundsätzlich auch für Finanzanlagenvermittler 1:1 umzusetzen seien. Es fehle lediglich noch an einer wirksamen Regelung im deutschen (Vermittlungs-)Recht. Gleichzeitig äußerte das BMWK mit seinem Statement die Hoffnung, die Vermittler mögen die Pflicht freiwillig erfüllen und wies darauf hin, lediglich der Zeitpunkt des Inkrafttretens sei noch unsicher.
Was bedeutet das in der Praxis?
Es ändert sich nichts an den geplanten Änderungen für die Beratung zu Versicherungsan-lageprodukten (IBIPs). Die offene Anpassung der Regelung in der Verordnung zur Finanzanla-genvermittlung ist nur eine Frage der Zeit.
Wer Nachhaltigkeitspräferenzen immer noch nicht abfragt, setzt sich zusätzlichen Risiken im Falle einer zivilrechtlichen Auseinandersetzung mit Mandant*innen aus, da Beratungskräfte jetzt schon sicher wissen, dass sie die Regelungen grundsätzlich anzuwenden haben. Im Streitfall könnte ein Gericht die Regelungen für bereits anwendbar erklären.
Fazit
Für Beratungsunternehmen, die sich schon seit vielen Jahren auf Nachhaltige Finanzanlagen spezialisiert haben hat der handwerkliche Fehler bei der Aktualisierung der Verordnung kaum Bedeutung. Mandant*innen, die eine entsprechende Beratung nicht wünschen wären von einer korrekten Umsetzung der EU-Verordnung auch kaum zu beeindrucken.
Angesichts noch lückenhafter Definition des Nachhaltigkeitsbegriffs in EU-Taxonomie und Offenlegungsverordnung stellt das handwerkliche Missgeschick wohl das kleinste Problem dar. Wichtig ist, dass mehr Kapital in nachhaltige Geschäftsmodelle fließt. Dazu bedarf es vor allem einer transparenteren Bilanzierung von Unternehmen.