Die Corona-Krise zeigte einerseits die bereits von früheren Pandemien bekannten gravierenden Defizite angemessener Risikoeinschätzungen auf. Sie offenbarte andererseits, dass wir bei weitgehender Einigkeit über eine Bedrohungslage weltweit entschlossen handeln und erhebliche Ressourcen mobilisieren können. Wenn wir vom Shutdown zur Transformation der Wirtschaft im Sinne einer Gemeinwohl-Ökonomie kommen ist die Krise heilsam.
Corona deckt unsere Schwächen auf
Das Corona-Virus und der Umgang damit hat schonungslos die Schwächen unseres Wirtschaftssystems aufgedeckt. Globale Arbeitsteilung und „just-in-time“ Lieferketten-Management stellen zwar im Normalbetrieb effiziente Strategien dar. In Krisenzeiten sind sie aber nur wenig belastbar und führen zu fatalen Kettenreaktionen. Die globale mediale Gleichrichtung wirkt dabei noch als Handlungsdruckverstärker, dem sich nur wenige Regierungen souverän entziehen. Gesundheitssysteme kamen umso schneller an ihre Leistungsgrenzen, je mehr sie einer Rendite- und Effizienzlogik unterworfen waren.
Defizite im Krisenmanagement müssen reflektiert werden
Auch wenn entschlossen wirkendes Auftreten unsere Gemüter beruhigte, war das Krisenmanagement eher dürftig. Insbeosndere, wenn wir uns klarmachen, dass Pandemie-Szenarien schon jahrelang in den Schubladen der hiesigen Gesundheitsverwaltung lagen. Das Hauptaugenmerk der Regierung richtete sich auf die Eindämmung des Coronavirus anstatt auf den unmittelbar wirksamen Schutz von Risikogruppen.
Die direkten und indirekten Folgen der Eindämmungsmaßnahmen wurden dagegen viel zu wenig in Betracht gezogen. Statt einen interdisziplinär besetzten medizinischen Expertenbeirat einzusetzen hat man sich hierzulande einseitig auf wenige Virologen verlassen. Frühere Erfahrungen mit übertriebenen Pandemiewarnungen wurden nicht ausreichend reflektiert und Interessenskonflikte der vermeintlichen Experten ausgeblendet.
Das scheinbar erfolgreiche, aber eigentlich verspätete und deshalb eher inszenierte als wirksame autoritäre Durchgreifen chinesischer Staatsorgane galt als vorbildlich . Auch dort zeigt sich allerdings, dass es leichter ist zu zerstören, als wieder aufzubauen. Schweden hat besonner reagiert und gilt selbst bei der WHO nun als Vorbild.
Eine Aufarbeitung der Versäumnisse und Fehlentscheidungen ist dringend notwendig und wird durch den zunehmenden Widerstand gegen die Maßnahmen vorangetrieben. Exemplarisch zeigt sich das in der neuen Parteigründung Widerstand2020, der innerhalb von zwei Wochen über 100.000 Menschen beigetreten sind.
Mehr Resilienz statt Effizienz
Genauso wichtig ist jedoch, dass wir uns über die Belastbarkeit und die Transformation unseres Wirtschaftssystems Gedanken machen. Mehr Resilienz und weniger Effizienz ist nötig. Das Virus steht nämlich nur exemplarisch für eine ganze Reihe von Risiken, die bereits bekannt und deutlich bedrohlicher sind. Dazu gehört die Überlastung unserer Ökosysteme, politische Spannungen zwischen Ländern und Kulturkreisen und ein durch exzessive Schulden und ungleiche Vermögensverteilung fragil gewordenes Finanzsystem.
Unsere Verantwortung
Dass wir uns in dieser Situation befinden, dafür können wir nicht ein Virus verantwortlich machen. Wir sind alle mehr oder weniger mitverantwortlich.
Unser Drang nach billigen Konsumprodukten hat mit dazu beigetragen, dass die Produktion in Billiglohnländer ausgelagert wurde.
Wir haben die Politiker gewählt, die unsere soziale und gesundheitliche Daseinsvorsorge untergraben und ökologisch bedenkliche Produkte und Produktionsprozesse verteidigt haben.
Die Ungeduld unseres Konsums auf Bestellung hat die Schnelligkeit des Turbokapitalismus mitbefördert. Nun können wir auf Bedrohungen nicht mehr zeitlich angemessen und besonnen reagieren.
Über Jahre und Jahrzehnte lang waren wir zu sehr damit beschäftigt, den Zug weiter zu beschleunigen. Jetzt ist der wirtschaftliche Zug wegen Überreaktionen auf ein – wie immer deutlicher wird – relativ harmloses Virus entgleist.
Wir haben zugelassen, dass sich Kapital in der Hand von immer weniger aber immer einflussreicheren Unternehmen konzentriert. Damit haben wir auch das Prinzip der Risikostreuung untergraben.
Leitbilder für die Transformation
Was also notwendig ist, ist eine Abkehr vom Primat des Wachstums und der Beschleunigung um jeden Preis. Wir sollten uns verabschieden von Effizienz als Ideologie und uns stattdessen auf mehr Resilienz konzentrieren. Soziokulturelle und ökonomische Vielfalt trägt auch zur Risikostreuung bei. Eine Stärkung sozialer Netzwerke und nachhaltigere Produktion, die sich einer Kreislaufwirtschaft annähert machen unsere Gesellschaft krisenfester. Natürliche Ökosysteme bieten dazu eine gute Vorlage. Nachhaltige Geldanlagen tragen zur sinnvollen Transformation bei und erweisen sich letztlich auch als crashresistenter.