ETF-Fonds stehen wegen der Konzentration auf wenige marktbeherrschende Unternehmen, Nachhaltigkeits-Defiziten und systematischer Wertpapierleihe schon länger in der Kritik. Die Europäische Zentralbank kam bereits in ihrem financial stability review vom November 2018 zum Ergebnis, dass das schnelle Wachstum von ETF’s potenziell Risiken für das Finanzsystem mit sich bringt oder diese verstärkt. Ein kurzer Blick auf unbekannte ETF-Risiken.
Hochfrequenzhandel als Risikoquelle
Hochfrequenzhändlern und institutionellen Investoren nutzen ETF’s zunehmend fürs Liquiditätsmanagement. Der Vorteil der schnellen Handelbarkeit, der dem Liquiditätsbedarf entgegenkommt, birgt jedoch eine Schattenseite. Insbesondere in einer volatilen Marktphase, wie wir sie aktuell erleben, kann es zu extremen Verwerfungen führen, wenn wenige Akteure schnell große Wertpapierpakete auf den Markt werfen. Finden sich nicht genügend Käufer auf der Gegenseite, so führt dies zu weiterem Kursverfall und ggfls. dazu, dass die Verkäufer anderweitig fällig gestellte Forderungen nicht mehr bedienen können. Das wiederum kann eine Kettenreaktion auslösen, die das Finanzsystem und letztlich auch die Realwirtschaft bedrohen.
ETF als Hedging-Instrument
Nur wenige Anleger*innen wissen, dass ETF’s auch benutzt werden, um gegen den Markt zu „wetten“. Bei diesem als „Shortselling“ genannten Prozess verkaufen Finanzakteure Anteile an marktindexnahen ETF, um sie nach Kursverfall später wieder günstig zurückzukaufen. In der Differenz liegt der Gewinn
Ein Ziel solcher Absicherungsgeschäfte ist zwar auch, Wertpapieranlagen vor extremen Verwerfungen des Gesamtmarktes zu schützen. Verkäufe stellen aber nicht nur wichtige Marktsignale dar, die übertriebenen Optimismus korrigieren. Sie können selbst Übertreibungen nach sich ziehen, zumal in einem Umfeld in dem automatisierte Algorithmen Handelsgeschäfte bestimmen.
Naked Shortselling mit ETF‘s
Die Angelegenheit wird erst Recht zum Problem, wenn sogenanntes „naked shortselling“ zur Anwendung kommt. Einfach gesagt, werden dabei ETF-Anteile verkauft, die gar nicht im Besitz der Verkäufer sind und auch nicht geliehen wurden. Die US-Börsenaufsicht stellt zudem immer wieder fest, dass Anteile nicht selten gleich mehrfach verliehen werden. Gefördert wird dies durch den Umstand, dass es die US-amerikanische Regulierung zulässt, die Auslieferung der Anteile bis zu drei Tage nach dem Verkauf hinauszuzögern.
Das serielle Verleihen des gleichen Anteils und die „Nacktverkäufe“ führen dazu, dass mehr Anteile verkauft werden, als eigentlich existieren. In Folge dessen kommt es immer wieder dazu, dass Käufe nicht bedient werden können (sogenannte Failure to deliver oder FTD).
Wer ETF-Anteile an der Börse kauft weiß nicht, ob auf der anderen Seite ein solcher Shortseller agiert, der eigentlich nur heiße Luft verkauft. Opfer dieser Praxis werden in einem Hypercrash die uninformierten Anleger*innen. Im Ernstfall können sie dann nicht nur ihre Anteile nicht mehr verkaufen, sondern müssen dann feststellen, dass sie diese trotz Kauf nicht einmal besitzen. Wenigen Anleger*innen ist dies bekannt.