Wir hatten uns im ersten Teil dieser Serie grundsätzliche Gedanken über den richtigen Versorgungsweg und die Risikobereitschaft gemacht. Anhand der dort beschriebenen Kriterien haben wir eine Vorauswahl an geeigneten Gesellschaften getroffen, so dass der Tarif-Dschungel bereits überschaubarer geworden ist. Heute bewegen wir uns nun auf der Ebene einzelner Tarife.
Durch den Dschungel der Tarifvergleiche: klassische Tarife
Der Markt stellt Vermittlungsagenturen und Interessenten etliche Lösungen zum Tarifvergleich zur Verfügung. Meist stehen bei Vergleichsrechnern Kennzahlen wie Kapitalleistung bei Ablauf oder Rentenhöhe im Vordergrund. Gelegentlich werden auch Kostenquoten ausgewiesen.
Alternativ lassen sich direkt von den verschiedenen zuvor identifizierten Gesellschaften anhand der gewünschte Beiträge und Laufzeiten Versorgungsvorschläge zuschicken. Diese enthalten gesetzlich vorgeschriebene Informationsblätter (PIB, BIB) in denen auch die verschiedenen Kostenbestandteile aufgeführt sind. Wir werden später noch einmal darauf zurückkommen.
Schließlich besteht die Möglichkeit, Vergleiche aus Zeitschriften und Testberichten durchzugehen. Zu beachten ist allerdings, dass die Tarifrechenprogramme der Gesellschaften alle paar Monate überarbeitet werden, weshalb schon Testberichte, die älter als ein, zwei Jahre alt sind kaum noch sinnvoll verwendet werden können. In den Testberichten wird aus Platzgründen auch nur eine Auswahl an Tarifen berücksichtigt.
Direkt vergleichbar sind die Ergebnisse, die geliefert werden allerdings auch dann in den seltensten Fällen, wenn es sich um aktuelle Berechnungen handelt. Warum dies so ist, erklären wir im Folgenden.
Von Annahmen und Modellrechnungen
Die bereits genannten gesetzlich vorgeschrieben Informationsblätter enthalten neben garantierten Mindestleistungen, Rentenfaktoren (Rente pro 10.000 € Kapital) und Kostenbestandteilen auch Modellrechnungen bzw. Hochrechnungen. Diese sollen aufzeigen, mit welchen Leistungen zum Renteneintritt unter bestimmten Annahmen gerechnet werden kann. Es ist nachvollziehbar, dass Rentenversicherungen meist anhand dieser Kennzahlen verglichen werden. Auch die meisten Tarifvergleichsrechner nutzen Modellrechnungen zur Ablaufleistung bzw. Rentenhöhe. Dabei gilt: Je höher die Leistung, desto weiter vorne in einer Vergleichsübersicht befindet sich der Tarif.
Dies stellt für Versicherungsunternehmen einen Anreiz dar, den Spielraum bei den Annahmen für die Modellrechnung so zu wählen, dass eine gute Positionierung erreicht wird. Welche Methode der Hochrechnung angewandt wurde ist auf den ersten Blick kaum nachvollziehbar. Die Annahmen und Methoden sind jedoch unbedingt zu beachten, sollen nicht Äpfel mit Birnen verglichen werden.
Was bei klassischen Renten zu beachten ist
Entscheidend bei der Ermittlung von Ablaufleistungen sind die Annahmen über die Wertentwicklung der Kapitalanlage. Bei klassischen Policen findet die Kapitalanlage fast ausschließlich im sogenannten „Sicherungsvermögen“ des Anbieters statt. Für die Berechnung einer möglichen Ablaufleistung wird üblicherweise die aktuelle Überschussbeteiligung verwendet. Hinzu kommt dann oft noch ein sogenannter Schlussüberschuss. Zusammen mit einer gesetzlich geregelten Beteiligung an sogenannten Bewertungsreserven ergibt sich daraus die Gesamtverzinsung.
Eine Gegenüberstellung klassischer Tarife anhand der Ablaufleistungen scheint zunächst unproblematisch. Hinsichtlich Überschüssen sind die Abweichungen zwischen den Gesellschaften ja deutlich geringer als beispielsweise bei Investmentfonds. Allerdings gibt es drei Aspekte, die zu beachten sind:
- Wie groß ist der Anteil der Leistung, der lediglich als Schlussüberschuss zur Verfügung steht und bis dahin unverbindlich bleibt
- Welche Rechnungsgrundlagen (insbesondere Rentenfaktoren und Annahmen zur Lebenserwartung) werden zur Berechnung der Rente verwendet
- Werden diese für das ganze Vertragskapital, also auch spätere Zuzahlungen gewährt oder nur für einen Teil der Kapitalanlage (beispielsweise das Garantiekapital)
Wir lassen zusätzliche Fragen der Berechnung von Partizipationsquoten und Kappungsgrenzen bei sogenannten Indexprodukten an dieser Stille unbeachtet. Aus unserer Sicht gibt es bislang ohnehin keine überzeugenden nachhaltigen Index-Lösungen. Es wird überwiegend mit Derivaten gearbeitet, was zusätzliche Risikoaspekte aufwirft.
Einige Gesellschaften bieten auch eine Anlage der Überschüsse (der Teil, der über die Mindestverzinsung hinaus erwirtschaftet wird) in Fonds an. Diese Modelle sind nicht mit Fondstarifen vergleichbar. Sie können sowohl hinsichtlich Kostenstruktur als auch Ertrag eher mit klassischen Fondstarifen verglichen werden. Nur ein sehr geringer Teil des Beitrags fließt hier in Fondsanteile.
Ein Blick auf die Kosten
Kosten sollten nicht alleiniges Kriterium der Auswahl sein, bieten aber gute Hinweise darauf, wie realistisch die modellierten Hochrechnungen sind.
Üblicherweise wird im Zusammenhang mit Kostenbetrachtungen allzu einseitig auf horrende Abschlusskosten (auch Alpha-Kosten genannt) hingewiesen. Allerdings haben gesetzliche Vorgaben dazu geführt, dass sich die in den Informationsblättern dargestellten Abschlusskosten zwischen den Anbietern kaum nennenswert unterscheiden. Andererseits stellen sie im Schnitt nur etwa ein Viertel der Gesamtkosten dar.
Interessanter sind die Verwaltungskosten, die nicht nur einen höheren Anteil an den Gesamtkosten ausmachen, sondern sich auch oft hinter scheinbar geringen Prozentangaben verstecken.
Von irreführenden Kostenangaben
Beta-Kosten nennt man laufende Verwaltungkosten, die sich auf einen prozentualen Anteil an den Beiträgen beziehen, Gamma-Kosten werden diejenigen genannt, die sich als Anteil am Vertragswert bzw. Kapitalwert der Versicherung darstellen. Kappa-Kosten sind fixe Vertragskosten unabhängig von Beitrag und Wert. Sie werden auch Stückkosten genannt. Oft weisen die Versicherungen mehrere Kostenbestandteile aus. Dabei kann ein oberflächlicher Blick irreführend sein.
Dazu ein Beispiel:
Wir lassen uns ein Angebot mit einem Sparbetrag von 100 € monatlich und einer Laufzeit von 30 Jahren machen. Anbieter A verlangt Verwaltungskosten von 5% pro eingezahltem Beitrag, Anbieter B verlangt 0,5% auf den jeweiligen Kapitalbestand. Intuitiv würden viele Anleger*innen Anbieter A für teurer halten, dabei schlagen sich bei dessen Vertrag die Kosten nur zu etwa 0,3% in den Gesamtkosten nieder, bei B mit mehr als 0,5% – was jährlichen Fixkosten von rund 100 € entspricht. Die gesetzlich definierten Abschlusskosten von 2,5% schlagen in der Gesamtbilanz übrigens nur mit ca. 0,2% zu Buche, was einer jährlichen Fixkostenbelastung von etwas über 40 € entspricht
Keine einheitlichen Angaben
Zwar werden in den Informationsblättern auch Gesamtkostenquoten angegeben. Allerdings gibt es hier keine einheitliche Berechnungsweise. Manche Anbieter beziehen die Berechnung der Kostenquote auf die garantierten Vertragswerte, manche beziehen auch laufende Überschüsse mit ein und wieder andere auch den Schlussüberschussanteil oder gar fiktive Zinssätze. Wer es also genau wissen will muss selbst nachrechnen und sollte eine vorsichtige Gesamtverzinsung von vielleicht 2,5% zu Grunde legen. Im nächsten Teil werden wir sehen, dass die Sache bei Fondstarifen noch etwas komplizierter ist.