Honorarberatung gilt gemeinhin als kundengerechter, weil sie Interessenskonflikte mindert. Auch wir bieten seit vielen Jahren Honorar als alternative Vergütungsform an. Doch auch in der Beratung auf Honorarbasis wird nicht immer im besten Interesse der Mandantschaft gearbeitet. Manche Beratungskräfte täuschen mit finanzmathematischen Gutachten einen Mehrwert vor, den es nur auf dem Papier gibt. Und das ist noch nicht alles. Wir beleuchten, wann sich Honorarberatung auf Abwegen befindet.
Ein Blick auf Vergütungsmodelle
Schon ein erster Blick auf Honorar-Vergütungsmodelle sollte nachdenklich machen: Neben „anlassbezogenen Finanzplanungspauschalen“ in Höhe von bis zu 4% des Anlagebetrags verlangen manche Beratungsfirmen Betreuungspauschalen von monatlich bis zu 60 Euro. Dazu kommen weitere Servicegebühren von jährlich 1-1,5% des Anlagebetrags. Bei einer Anlagesumme von z.B. 50.000 Euro summiert sich die jährliche Renditeminderung durch diese Kosten auf über 2%. Die Produktkosten der im Rahmen der Beratung entwickelten Vorschläge belasten die Wertentwicklung zusätzlich.
Honorare können deutlich über konventionellen Provisionen liegen
Solche Kostenquoten, selbst wenn sie für Berufseinsteiger*innen noch einmal um 50% rabattiert werden, übersteigen die üblichen Provisionssätze konventioneller Maklerprodukte.
Zum Vergleich: Die gesetzlich gedeckelten einmaligen Abschlusskosten für ratierlich besparte Rententarife liegen bei 2,5% der Summe aller kalkulierten Beiträge. Sie werden üblicherweise auf 60 Monate verteilt, was hinsichtlich der Kostenbelastung einem sofort fälligen Honorar von etwa 2% entspricht. Über eine Vertragslaufzeit von 25 Jahren schlagen sie mit einer Renditeminderung von etwa 0,25% p.a. zu Buche.
Laufende Bestandsvergütungen schlagen erfahrungsgemäß mit maximal 0,5% auf die jährliche Wertentwicklung durch. Bei sogenannten ungezillmerten Tarifen oder NAV-Tarifen liegt die laufende Renditeminderung bei 0,7-1%. Im Gegenzug entfallen die einmaligen Abschlusskosten. Wo soll bei den genannten Honorarsätzen der Kostenvorteil einer Honorarvergütung herkommen?
Wo kommt der Mehrwert her?
Hier spielt üblicherweise ein sogenanntes finanzmathematisches Gutachten die entscheidende Rolle. Es belegt den Mehrwert des in der Honorarberatung vermittelten provisionsfreien Nettoproduktes gegenüber einem konventionellen Provisionsprodukt. Oder vielmehr: es täuscht diesen Beleg vor.
Der Trick: Auf Seiten des Provisionstarifs preist es eine hohe Fondskostenquote ein, beim Nettotarif hingegen einen kostenarmen ETF. Bei einer einheitlichen Wertentwicklung vor Fondskosten (Brutto-Wertentwicklung), ergibt sich im Vergleich beider Varianten eine deutlich höhere Ablaufleistung des Nettotarifs (Siehe Titelbild).
Kostenminderung ist nicht gleich Mehrertrag
Diese Beratungsstrategie gibt also eine Kostenminderung bereits als höhere Ablaufleistung aus und kann so Honorarkosten einpreisen, die über den üblichen Provisionssätzen liegen.
Nun soll hier nicht in Abrede gestellt werden, dass hohe Kosten sich negativ auf das Anlageergebnis niederschlagen (können) Die Gleichung 1% weniger Fondskosten = 1% mehr Ertrag geht jedoch keineswegs auf.
Zunächst einmal ist festzuhalten, dass natürlich auch ein Indexfonds wie z.B. der iShares MSCI World UCITS ETF (IE00B441G979) dem Referenz-Index hinterherhinkt. Jedenfalls aber können Investmentfonds mit Kostenquoten von 1,5-2% auch über mehrere Jahre kostengünstigere ETFs schlagen. Zumindest können sie hinsichtlich risikoadjustierter Wertentwicklung ebenbürtig sein.
Ohne an dieser Stelle die Diskussion um die Hypothese effizienter Märkte aufmachen zu wollen, können wir es an dieser Stelle bei der Feststellung belassen, dass es jedenfalls unredlich ist, aus einer Kostenminderung automatisch einen Mehrertrag zu konstruieren und mehr noch: dies zu missbrauchen, um damit unangemessen hohe Honorarforderungen zu Lasten der Mandantschaft zu legitimieren und durchzusetzen.
Honorarberatung auf Abwegen
Im Motivationsvortrag eines bekannten Honorarberatungsdienstleisters ging der Referent noch weiter. Als Beratungsbeispiel nannte er einen Unternehmer, dessen seit fünf Jahren laufender Fondstarif wegen der Abschlusskosten trotz positiver Fondsentwicklung noch nicht in der Gewinnzone lag. Seinen Unmut darüber nutzte ein Kollege des Referenten aus, um ihm gegen üppiges Honorar einen neuen Tarif mit einer Restlaufzeit von 14 Jahren zu empfehlen.
Da der Bestandsvertrag einen relativ teuren Dachfonds besparte, war es mit der finanz-mathematischen Methode einfach, den Mehrwert einer Alternative zu konstruieren. Damit aber noch nicht genug. Um den Vergleich noch attraktiver aussehen zu lassen, setzte der Berater im Vergleich für den Altvertrag erneut Abschlusskosten an, obwohl diese nach 5 Jahren ja bereits abbezahlt waren.
Die Frage, warum im Kostenvergleich auf der Gegenseite kein laufendes Betreuungshonorar ausgewiesen sein beantwortete der Referent verblüffend. „Der Berater habe hier einen ungezillmerten NAV-Provisionstarif vermittelt“. Dieser beinhalte ja bereits eine Betreuungsvergütung.
Honorar und Provisionstarif – geht das denn zusammen? „Ja, das geht, wenn Sie das Honorar nicht für die Vermittlung des Tarifs sondern für ein finanzmathematisches Gutachten in Rechnung stellen“. Ob der Rentenfaktor des neuen Tarifs am Ende auch eine entsprechend höhere Rente garantiert hatte der Berater übrigens gar nicht erst geprüft. Hier bewegte sich die Honorarberatung auf Abwegen.
Fazit
Honorarberatung kann dazu beitragen, Interessenkonflikte hinsichtlich der Produktauswahl zu verringern. Sie führt aber nicht automatisch zu einem besseren Beratungsergebnis im Interesse der Mandantschaft. Die Gesamtkosten einer Honorarberatung sollten jedenfalls nicht über den üblichen Provisionssätzen liegen. Interessenten sollten deshalb möglichst einen Kostenvergleich von Honorar- und Provisionsvergütung machen lassen – unabhängig von fondsbezogenen Kosten.