Dass eine Unfallversicherung im Falle der Invalidität leistet ist vielen bekannt. Wenn Gliedmaßen fehlen oder nicht mehr zu gebrauchen sind zahlt die Unfallversicherung einen bestimmten Betrag oder eine Unfallrente. Aber wie sieht es aus, wenn nach einem Unfall innere Organe ausfallen? Ein Unfall kann an die Nieren gehen.
Nieren sind lebenswichtige Organe, die unser Blut filtern. 85 Prozent aller Nierenverletzungen kommen durch stumpfe Gewalt zustande. Das sind in aller Regel Verkehrsunfälle, Stürze oder Ähn-liches, also aus Versicherungssicht klassische Unfälle. Die Frage nach einer Leistung durch die Unfallversicherung im Falle ihres Ausfalls ist also berechtigt.
Das Gute an unseren Nieren ist, dass wir zwei davon haben. Fällt eine aus, kann die gesunde zweite Niere den Job auch alleine schaffen. Es ist also möglich, grundsätzlich ganz normal weiterzuleben. Und darin liegt bei Standardversicherungsbedingungen auch das Problem: Eine dauerhafte Einschränkung ist damit nicht gegeben. Damit besteht keine Leistungspflicht. Ähnlich verhält es sich mit dem Verlust eines Lungenflügels, obwohl dieser meist noch belastendere Folgen hat.
Wer also denkt: „Ich bin ja unfallversichert, also steht mir eine Leistung aus der Unfallversicherung zu!“ kann im Ernstfall eine böse Überraschung erleben. Wer dagegen beispielsweise die kleine Zehe verliert, würde bei Verlust bereits einige Tausend Euro bekommen. Unabhängig davon, ob nun durch den nicht mehr vorhandenen Zeh eine Einschränkung der Lebensqualität gegeben ist oder nicht leistet die Unfallversicherung gemäß Gliedertaxe.
Was nicht genannt wird zählt nicht
Der Verlust der Zehe begründet in der Regel einen Leistungsanspruch, weil Zehen in fast jedem Vertragswerk in eben dieser Gliedertaxe ausdrücklich genannt sind.
Die Grundlage für eine Leistung ist ansonsten als eine dauerhafte körperliche oder geistige Ein-schränkung definiert. Wenn also die gesunde Niere für zwei arbeitet, den Verlust der anderen Niere kompensiert und sonst keine Einschränkungen bestehen dann haben Versicherte in vielen Fällen auch keinen Anspruch auf eine Versicherungsleistung. Dies ist jedenfalls immer dann der Fall, wenn Nieren nicht ausdrücklich in der für den jeweiligen Vertrag gültigen Gliedertaxe aufgeführt sind.
Wie Leistungen berechnet werden
Wir empfehlen deshalb, darauf zu achten, dass entsprechende innere Organe ebenfalls im Bedingungswerk der Versicherung berücksichtigt werden. Dann wird unabhängig vom Umfang der tatsächlichen Belastung eine Einschränkung unterstellt und die Leistungsabwicklung erfolgt auf jeden Fall ohne langwierige Begutachtung.
Bei der Unfallverversicherung handelt es sich um eine Summenversicherung. Das heißt: Je nach Grad der Beeinträchtigung oder eben gemäß Definition in der Gliedertaxe wird ein bestimmter Prozentsatz der vereinbarten Versicherungssumme ausbezahlt.
Mit sogenannten Progressionstarifen kann ab 25 bzw. 50 Prozent Invalidität eine Verdoppelung, Verdreifachung oder gar Verfünffachung der Leistung vereinbart werden. Je nach maximaler Gesamtleistung wird von 225er, 350er oder 500er-Progression gesprochen. Bei einer Grundleistung von 100 Tausend Euro und einer Progression von 350% wäre die maximale Leistung also 350 Tausend Euro. Diese Leistung berechnet sich im Einzelnen wie folgt:
Erste 25%: einfache Leistung: = 25.000 Euro
Zweite 25%: dreifache Leistung: = 75.000 Euro
Letzte 50%: fünffache Leistung: = 250.000 Euro
Bei Anbietern, welche die Niere in ihrer Gliedertaxe haben, bewegen sich die Invaliditätsgrade bei Ausfall zwischen 10 und 30 Prozent. Das bedeutet: Versicherte können bei einer Grundsumme von 100.000 Euro und 350er Progression eine Leistung von bis zu 40.000 Euro erwarten.
Der Verlust eines Lungenflügels wird bei guten Tarifen mindestens mit 50% bewertet. Dem entspricht bei 350% Progression eine Leistung von 100.000 Euro.
Zusätzliche Leistungen: Was sinnvoll ist und was nicht
Die meisten Unfallversicherungen bieten zusätzlich zur Einmalleistung auch die Option einer laufenden monatlichen Unfallrente. Diese wird analog zur Berufsunfähigkeitsversicherung üblicherweise ab einem Invaliditätsgrad von 50% ausbezahlt. Diese Leistung macht Sinn, wenn beispielsweise eine angemessene Absicherung gegen Berufsunfähigkeit nicht möglich oder zu kostspielig ist.
Weniger sinnvoll sind aus unserer Sicht Bausteine wie Krankenhaustagegeld, Genesungsgeld oder ein spezielles Unfall-Krankentagegeld. Auch eine Todesfallleistung ist in fast allen Fällen überflüssig. Eine umfassende Risikolebensversicherungen und reguläre Krankentagegeld-Tarife sind für diese Zwecke geeignetere Lösungen. Auch von sogenannten „Geld zurück Garantien“ raten wir ab. Diese erhöhen die Prämie unnötig. Das eingesparte Geld kann wirkungsvoller direkt angelegt werden.
Sinnvoll können für alleinstehende Senior*innen dagegen zusätzliche Assistenz-Leistungen sein, wie Finanztest in der aktuellen Ausgabe betont. Diese kümmern sich nach Unfällen beispielsweise um Einkäufe, Menü-Service und Reinigung.