Am 7. Juli wurde das Betriebsrentenstärkungsgesetz (BRSG) verabschiedet. Es beinhaltet einige erhebliche Änderungen, auf die Arbeitgebende und Beschäftigte sich frühzeitig einstellen sollten.
Die neu eingeführte Sozialpartnerrente wird aus unserer Sicht wenig Auswirkungen auf kleine und mittelgroße Unternehmen und Organisationen haben.
Wir kommentieren im Folgenden vor allem diejenigen Aspekte, welche alle Beschäftigte betreffen und die Betriebsrente attraktiver machen.
Verpflichtende Weitergabe eingesparter SV-Beiträge
Kurz vor Verabschiedung des Gesetzes am 7. Juli wurde noch die verpflichtende Weitergabe ein-gesparter SV-Beiträge in Höhe von pauschal 15% des Entgeltumwandlungsbetrages in das Gesetz mit aufgenommen. Diese liegen in der Praxis zwar eher bei 20% – eine freiwillige Aufstockung ist aber möglich und wird nach unserer Erfahrung insbesondere bei kleineren gemeinnützigen Organisationen bereits heute vielfach praktiziert. Die Weitergabe ist in Zukunft nicht mehr ganz ins Belieben der Arbeitgebenden gestellt und das ist auch fair, denn mit der Gehaltsumwandlung ist ja auch ein gewisser Anspruchsverlust in der gesetzlichen Rente verbunden. Die Regelung soll generell für alle neu eingerichteten Verträge ab 2019 gelten. Für Bestandsverträge gibt es eine Übergangsfrist. Arbeitgebende sollten mit der Umsetzung jedoch nicht auf den letzten Drücker warten, zumal ein solcher Zuschuss für sie kostenneutral ist (Refinanzierung aus eingesparten Nebenkosten).
Erhöhung des steuerfreien Zusatzbetrages
Seit dem Alterseinkünftegesetz von 2004 ist es möglich, über den „Grundbetrag“ von jährlich 4% der Beitragsbemessungsgrenze der gesetzlichen Rentenversicherung (aktuell: EUR 3.040) hinaus einen weiteren Betrag in Höhe von EUR 1.800 steuerfrei für Zwecke der betrieblichen Altersversorgung zu verwenden. Dieser Betrag wird auf weitere 4% erhöht. Sozialversicherungsfrei ist – wie bisher auch -jedoch nur der „Grundbetrag“. Interessant dürfte diese Erhöhung deshalb nur für privat Krankenver-sicherte mit sehr hohem Einkommen sein. Diese hatten zwar schon bisher die Möglichkeit über eine Unterstützungskasse höhere Beiträge steuerbegünstigt anzulegen. Dies geht nun im genannten Umfang auch im Rahmen einer Direktversicherung, was weniger Verwaltungsaufwand erfordert.
Abfindungsbeiträge werden erhöht
Für jedes Beschäftigungsjahr – jedoch maximal bis zum Zehnfachen der Beitragsbemessungsgrenze – kann der oben genannte Betrag zusätzlich anlässlich des Ausscheidens eines Mitarbeiters einmalig als Abfindung für Zwecke der betrieblichen Altersversorgung verwendet werden. Auch dieser Betrag ist in vollem Umfang steuer- und sozialversicherungsbefreit. Während der Beschäftigung eingezahlte Beiträge müssen im Gegensatz zu früher nicht mehr gegengerechnet werden. Aktuell ergibt sich damit eine Zuzahlungsmöglichkeit von maximal EUR 30.400.-
Nachzahlungsmöglichkeit
In Zeiten, in denen das Arbeitsverhältnis ruht (z.B. Elternzeit), können meist aus finanziellen Gründen keine Beiträge zur Altersversorgung geleistet werden. Auch während Entsendungen ins Ausland ist beispielsweise keine steuerfreie Beitragszahlung in Deutschland möglich. Mit einer Neuregelung im BRSG schafft der Gesetzgeber nun eine „Nachzahlungsmöglichkeit“.
Abschaffung der Doppelverbeitragung und Zulagenerhöhung bei Riester-Tarifen
Bisher waren auch auf Leistungen aus Netto-Entgeltumwandlung (betriebliche Riesterförderung) Sozialversicherungsbeiträge zu entrichten, obwohl bereits die Einzahlungen verbeitragt waren. Mit dem neuen Gesetz entfällt die Beitragspflicht in der Leistungs- bzw. Rentenphase. Dies wird auch für bereits bestehende Verträge gelten. Gleichzeitig wurde auch die jährliche Grundzulage von gegenwärtig EUR 154 auf in Zukunft EUR 175 angehoben. Aus unserer Sicht bleibt ein privater Zulagentarif nach dem Riester-Modell wegen der individuelleren Gestaltungsmöglichkeiten dennoch interessanter.
Zusätzliche Förderung für Geringverdienende
Als Geringverdienende gelten nach dem neuen BRSG alle mit einem Bruttoeinkommen bis EUR 2.200 monatlich. Das sind in Deutschland immerhin fast 20 Millionen Beschäftigte. Um diese stärker als bisher zu fördern, wurden neue Anreize für den Auf- und Ausbau einer betrieblichen Alters-versorgung gesetzt. Das war dringend nötig, in keinem anderen Industrieland, nimmt man einmal Mexiko aus, ist das Rentenniveau von Geringverdienenden niedriger als in Deutschland. Die meisten OECD-Länder haben für Geringverdienende Auffangnetze, so dass deren Renten höher ausfallen.
Zahlen Arbeitgebende für zusätzliche Altersvorsorge von Geringverdienenden mindestens 240 Euro ein, so können sie im Wege der Verrechnung mit der vom Arbeitgeber abzuführenden Lohnsteuer bis zu 30% der Lohnsteuer des Arbeitnehmers behalten. Für Beiträge von min EUR 240 bis max EUR 480 im Kalenderjahr beträgt der Förderbetrag somit maximal EUR 72 bis EUR 144 im Kalenderjahr. Es gibt außerdem Erleichterungen bei der Besteuerung der Abfindungen von Kleinbetragsrenten.
Schonbeträge bei Bezug von Grundsicherungsleistungen nach dem SGB
Zusätzliche, freiwillige Altersvorsorge-Maßnahmen werden beim Bezug von Grundsicherung nicht mehr voll angerechnet. Ein Sockelbetrag von EUR 100 bleibt vollständig erhalten. Übersteigende Beträge werden zu 30 Prozent ebenfalls nicht angerechnet. Die Deckelung liegt bei 50% der Regelbedarfsstufe 1 (2017: 204,50 €).
Bislang war es so, dass sich die staatlich geförderte Altersvorsorge für Geringverdiener oft gar nicht gelohnt hat, weil Rente auf die Grundsicherung angerechnet wurde. Da war es ökonomisch völlig rational, Verträge beitragsfrei zu stellen oder zu kündigen und das Geld lieber in den Konsum statt in die Altersvorsorge zu stecken. Der Schonbetrag sorgt dafür, dass Vorsorge künftig auch für Geringverdiener attraktiver wird.
Wenig bekannt ist, dass bereits heute Betriebsrenten von bis zu EUR 149 pro Monat von den Sozialversicherungsbeiträgen befreit sind. Auch diese Freibeträge werden dynamisch an die allgemeine Lohnentwicklung angepasst.
Opting-Out nur bei Sozialpartner-Rente – Deutschlandfonds in der Warteschleife
Von vielen Seiten war zur Erhöhung der Quoten bei kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) seit vielen Jahren das in anderen Ländern erfolgreich praktizierte Opting-Out-Modell gefordert worden. Dabei nehmen alle Beschäftigten automatisch an einer Gehaltsumwandlung teil, wenn sie sich nicht aktiv dagegen entscheiden (opting out). Wo es angwandt wird stieg die Beteiligungsquote auf durchschnittlich 90 Prozent.
Dieses Prinzip wurde nun ausschließlich im Rahmen der neuen Sozialpartner-Rente eingeführt. Das ist bedauerlich, da es nur bei tarifgebundenen Unternehmen wirkt, wo es ohnehin eine deutlich höhere Durchdringungsquote gibt. Auf einen nachhaltigen Staatsfonds – ähnlich, wie er in Norwegen seit vielen Jahren etabliert ist – werden wir wohl noch eine ganze Weile warten müssen.