Am 4. Juli stellte das Forum Nachhaltige Geldanlagen (FNG) den neuesten Marktbericht vor. Nachhaltige Geldanlagen sind weiterhin auf Wachstumskurs. In Deutschland betrug die Gesamtsumme Nachhaltiger Geldanlagen zum 31. Dezember 2022 578,1 Mrd Euro. Gegenüber dem Vorjahr ist die Wachstumskurve abgeflacht. Der Großteil entfällt auf Publikumsfonds
Wachstumszahlen mit Vorsicht interpretieren
Mit 29 Prozent Zuwachs sind Privatanleger damit die wichtigste Stütze für das Wachstum nachhaltiger Geldanlagen, während institutionelle Mandate um etwa 3% nachgaben. Auch Einlagen bei nachhaltigen Banken sind leicht zurückgegangen. 97 Prozent der nachhaltigen Fonds werden dem Artikel 8 der EU-Offenlegungsverordnung zugeordnet. Das sind Fonds, die Nachhaltigkeitskriterien bei der Titelauswahl berücksichtigen und wesentliche nachteilige Auswirkungen vermeiden, aber keine direkt messbaren Nachhaltigkeitsziele verwirklichen. Da es in der Verordnung für die Kategorien keine Mindest-standards gibt hat sie breiten Interpretationsspielraum gelassen, was Greenwashing Vorschub leistet. Die Wachstumszahlen sollten deshalb mit Vorsicht interpretiert werden.
Nachhaltige Geldanlagen in Deutschland 2022 (Quelle FNG)
Während kirchliche Einrichtungen und Versicherungsgesellschaften bei den institutionellen Investitionen deutlich zugelegt haben, zogen sich die öffentliche Hand und betriebliche Pen-sionskassen deutlich aus dem nachhaltigen Anlagemarkt zurück. Trotzdem wuchs der Marktanteil nachhaltiger Geldanlagen auf 12,5% an. (Vorjahr 9,6%). In Österreich liegt der Anteil mittlerweile bei 36 Prozent. Aus der Schweiz standen dieses Jahr keine Daten zur Verfügung.
Ausschluss von Waffen verdrängt fossile Energien und Atomenergie
95 Prozent aller im Rahmen des FNG-Marktberichts erfassten Fonds und Mandate nutzen Ausschlusskriterien, um besonders kontroverse Emittenten vom Investment auszuschließen. Ausschlüsse sind damit nach wie vor die wichtigste Nachhaltigkeitsstrategie der Fonds.
Die TOP 3 Ausschlüsse beziehen sich dabei durchweg auf Rüstung und Waffenproduktion. Es folgen Menschen- und Arbeitsrechtsverletzungen sowie Korruption und Bestechung. An Bedeutung verloren hat im Vergleich zum Vorjahr der Ausschluss von Unternehmen, die Kohle oder fossile Energieträger fördern. Dieses Ausschlusskriterium fiel auf Platz 9 der Liste. Besonders bemerkenswert: Atomenergie verschwand ganz aus den TOP 10
Das belegt erneut, dass Investierende auf die politischen Entwicklungen sensibel reagieren und ihre Prioritäten entsprechend anpassen. Wir beobachten diese Entwicklung auch in unseren aktuellen Beratungsgesprächen.
Fazit
Die EU-Verordnungen haben zwar kaum zur Klärung von Nachhaltigkeitsmaßstäben beigetragen und tragen eher zu Greenwashing bei, als Schummeleien vorzubeugen. Dennoch wächst das Interesse an nachhaltigen Anlageprodukten weiter, wenngleich die Wachstumskurve abgeflacht ist. Die Gewichtung von Anlagekriterien verändert sich äußerst dynamisch und reagiert sensibel auf geopolitische Entwicklungen.