Der Bund der Versicherten hat mit einer originellen Kampagne mal wieder die Versicherungswirtschaft aufs Korn genommen. In einer jüngst veröffentlichten Presseerklärung zieht die nach eigenen Angaben größte Verbraucherschutzorganisation Deutschlands das Fazit: „Weil die Renditen der Riester-Renten so schlecht sind, solle man sein Geld lieber unters Kopfkissen legen und im Alter verbrauchen“.
Im Rahmen einer Kurzstudie hat der BdV untersucht, welche Rendite
versicherungsförmige Riester-Renten als garantierte Leistungen erbringen. Dabei wird zwischen der „erzielten Rendite“ auch der „gefühlten Rendite“ differenziert, die durch Zulagen zustande kommt. Zusätzlich wurde errechnet, wie lange das Geld unterm Kopfkissen ausreichen würde, entnähme man die in Aussicht gestellten Garantierenten. Grundlage waren von Finanztest erhobene und
im Februar 2019 veröffentlichte Werte zu garantierten Rentenhöhen klassischer Riester-Renten (von fünfzehn Anbietern).
Das Fazit: Die Renditen sind durchweg und unabhängig von Anbieter und Laufzeit negativ. Würde man die Eigenbeiträge stattdessen unterm Kopfkissen sparen, müssten die Versicherten – insbesondere Männer – stets überdurchschnittlich alt werden, um das Kopfkissen zu schlagen. Deshalb sei das Kopfkissen eine gute Alternative zur klassischen Riesterrente.
Mängel in der Berechnung
Angesichts der harschen Kritik ließ die Reaktion des Gesamtverbandes der Versicherungswirtschaft nicht lange auf sich warten. Darin wirft der GDV dem Bund der Versicherten grobe Irreführung vor. Dieser ginge von viel zu niedrigen Lebenserwartungen und bei der Verzinsung von einem unrealistischen worst cas Szenario.
„Systematisch negative Renditen – wie vom BdV behauptet – sind bei (Riester-) Rentenverträgen durch die gesetzliche Vorgabe zum Beitragserhalt ausgeschlossen. Die negativen Renditen ergeben sich durch einen simplen Trick: Der BdV geht davon aus, dass die Lebenserwartungen zu vorsichtig kalkuliert sind. Dabei wird die BdV-Analyse an dieser Stelle fehlerhaft und unlogisch, denn wenn die Annahmen tatsächlich zu vorsichtig sein sollten, entstehen zwingend Überschüsse, an denen die Kunden zu mindestens 90 Prozent zu beteiligen sind. Dies berücksichtigt die Analyse nicht.“
Unsere Einschätzung
Tatsächlich führt das Niedrige Zinsniveau dazu, dass ein Großteil des garantierten Zinssatzes (aktuell:0,9%) durch Vertrags- un dVertriebkosten aufgezehrt wird. Das wird sich auf absehbare Zeit auch kaum ändern. Zumindest die eingezahlten Beiträge und Zulagen sind aber immer garantiert, so dass ein nominaler Wertverlust nicht erfolgt. und es ist auch unrealistisch anzunehmen, dass keinerlei Überschüsse darüber hinaus mehr erwirtschaftet werden. Unter Berücksichtigung von Zulagen und/oder Steuervorteilen die ja nicht nur gefühlt sondern real existieren können Riesterrenten Nachsteuerrenditen von 3-4% erreichen.
Unabhängig davon ist der Zweck einer Rente nicht, möglichst hohe Renditen zu erwirtschaften, sondern die Versicherten lebenslang abzusichern. Die Rente wird ein Leben lang gezahlt, egal wie alt die Rentner*innen werden. Das kann ein Kopfkissen eben nicht, abgesehen davon, dass das Geld eben erfahrungsgemäß nicht unterm Kopfkissen bleibt, sondern vor Rentenbeginn aufgebraucht wird.
Übrigens wird die Riesterrente auch nicht auf Hilfe zum Lebensunterhalt angerechnet. das eigene Vermögen schon. Eine vorsichtig kalkulierte Lebenserwartung ist keine Schande sondern Qualitätsmerkmal einer Versicherung, denn durch fahrlässig oder absichtlich niedrig kalkulierte Lebenerwartung lassen Renten höher (und Anbieter attraktiver) erscheinen. Wo das Enden kann zeigt die Insolvenz der Bremer Verbraucherzentrale.