Zwei Entwicklungen prägten im vergangenen Quartal die Lage an den Finanzmärkten: Im Sog des Lockdown bedingten Wachstumsschocks ging es an den Finanzmärkten auf breiter Front stark bergab. Nachdem die Börse zunächst die Entwicklungen in China ignoriert hatte schnellte die Volatilität plötzlich auf Rekordwerte hoch. Die Aktienmärkte gingen auf Talfahrt, und auch Anleiherisiken wurden neu bewertet. Nach dem Lockdown werden Nachhaltigkeitsaspekte weiter an Bedeutung gewinnen.
Hauptversursacher der Krise war nicht das SARS-CoV-2-Virus, dessen direkte wissenschaftliche Bestätigung bzw. Wirkung nach den Koch’schen Postulaten noch aussteht. Vielmehr waren die einschneidenden Maßnahmen zur dessen vermeintlichen Eindämmung der Auslöser für den Crash. Die noch Anfang des Jahres dominierenden positiven globalen Wachstumsaussichten mussten drastisch korrigiert werden, während viele Unternehmen ihre Gewinnprognosen zurückzogen, Dividendenausschüttungen verschoben oder ganz strichen und Aktienrückkäufe auf Eis legten
Korrektur war schon vorher absehbar
Freilich befanden wir uns auch schon vor der Krise in einem spätzyklischen Stadium der Weltwirtschaft. Rückläufige Gewinne und dadurch bedingte Abwärtskorrekturen bei den Ergebnisprognosen sowie überhöhten Bewertungen an den Aktienmärkten wiesen bereits auf eine labile Situation hin. Eine Marktkorrektur war also nur eine Frage der Zeit. Darauf hatten wir bereits Ende letzten Jahres hingewiesen. Der aktuell mit massiver weiterer Verschuldung erkaufte Aufschwung basiert oft nicht auf soliden Erträgen.
Bei Aktien gab es freilich auch Krisengewinner. Neben Onlinehändlern (Amazon +8%) waren das beispielsweise die Sektoren Pharma/Biotech (Gilead Sciences +19%), Medizintechnik (Drägerwerk +165%) und Kommunikationstechnologien (Zoom +210%).
Konzertierte Hilfspakete leiten Gegenbewegung ein
Nachdem rund um den Globus geld- und konjunkturpolitische Hilfspakete großen Umfangs geschnürt worden waren, tendierten Aktien- und Anleihekurse mittlerweile allgemein wieder nach oben. Es gibt sogar schon wieder Neuemissionen von Unternehmensanleihen und „Green Bonds“. Schwellenländer hinken allerdings aktuell noch etwas hinterher. Der ebenfalls auf Schwellen- und Entwicklungsländer fokussierte Mikrofinanzsektor musste ebenfalls Abwertungen hinnehmen. (Siehe Artikel zu Mikrofinanzfonds im Corona-Stresstest). Für Anleger*innen, die sich nicht von der Panik mitreißen lassen bieten sich nun durchaus interessante Einstiegsmöglichkeiten.
Ausblick
Alle bisherigen Maßnahmen zur Eindämmung der COVID-19-Pandemie wirken sich sowohl auf Kaufkraft als auch die Wertschöpfungsketten der Hersteller aus. Damit treffen sie auch empfindlich die Geldzirkulation im System. Das globale Wachstum wird sich abschwächen und es wird auch zu weiteren Insolvenzen kommen. Neben der Bilanzqualität der Unternehmen wird die politische Steuerung von Stützungsmaßnahmen entscheidend für Anlageentscheidungen sein. Es ist damit zu rechnen, dass im Zuge der Interventionen Nachhaltigkeitsaspekte noch deutlich mehr Gewicht bekommen.
Das aktuelle niedrige Zinsniveau wird uns auch auf längere Sicht begleiten und vor dem Hintergrund der sehr niedrigen Inflationserwartungen möglicherweise sogar weiter sinken. Dadurch wird trotz bereits hoher Bewertungen technisch bedingt weiter Kapital in die Märkte fließen und die Kurse treiben. Wir raten jedoch davon ab, sich allzu spekulativ zu verhalten. Auch die kurzfristigen Krisengewinner müssen sich erst dem Nachhaltigkeitstest stellen.