Der deutliche Wahlerfolg Donald Trumps in Verbindung mit einer republikanischen Mehrheit in beiden Häusern des Kongresses beflügelte zunächst die US-Aktienbörsen. Viele gingen offensichtlich von positiven wirtschaftlichen Effekten aus. Hierzulande sahen Finanzanalysten und Wirtschaftswissenschaftler zwar schwierige Zeiten für Europa und insbesondere Deutschland aufziehen. Der DAX erholte sich nach einem kurzen Absturz jedoch schnell wieder. Demnach geht „der Markt“ von positiven wirtschaftlichen Effekten aus. Das dürfte allerdings nur realistisch sein, wenn er weniger dogmatisch und mehr pragmatisch agiert. Für Pragmatismus spricht seine Haltung im Konflikt um die Ukraine. Sollte Trump allerdings tatsächlich – wie angekündigt – die Handelsbarrieren erhöhen, dürfte sich das für die gesamte Weltwirtschaft belastend auswirken. Dies würde nicht nur Europa und China sondern auch den USA selber schaden. Es steht uns jedenfalls eine Zeit der Unsicherheit bevor.
Ist ein republikanischer Präsident gut für die Wirtschaft?
Es handelt sich um ein gängiges Klischee, dass konservative Politiker gut für die Wirtschaft sind. Empirische Daten sprechen allerdings dagegen. Eine systematische historische Studie aus der Universität Princeton kam schon 2016 zu dem Ergebnis, dass sich die US-Wirtschaft unter republikanischen Präsidenten jeweils deutlich schlechter entwickelte. Wirtschaftswachstum und Lohnentwicklung waren geringer und Rezessionen deutlich häufiger als unter demokratischen Präsidenten. Entgegen weit verbreiteter Vorstellungen wuchsen auch die Staatsschulden stärker unter republikanischen Präsidenten. Im direkten Vergleich der Amtszeiten schnitten republikanische Präsidenten signifikant schlechter ab als demokratische. Die empirischen Daten stützen grundsätzlich also eher kein optimistisches Szenario.
Einen dramatisch negativen Effekt hatte insbesondere die Verabschiedung scharfer protektionistischer Gesetze unter dem republikanischen Präsidenten Hoover in 1930. Sie verschärften noch die ohnehin durch den Börsencrash schwierige Lage und ließ die Arbeitslosigkeit im eigenen Land auf 25 Prozent explodieren. Letztlich führte dies zu einem Erdrutsch-Sieg von Franklin D. Roosevelt bei der Wahl 1933 und die Politik des New Deal. Die geschichtliche Evidenz spricht also ganz klar gegen einen positiven Effekt der von Trump angekündigten protektionistischen Maßnahmen.
Trügerische Hoffnung
Die Hoffnung auf einen wirtschaftlichen Boom durch mit hohen Zöllen gegenfinanzierte Steuersenkungen dürfte sich als trügerisch erweisen. Viel wahrscheinlicher als hohe Zolleinnahmen ist ein scharfer Einbruch der Weltwirtschaft und deren noch stärkere Fragmentierung. Auch das angestrebte Reshoring lässt sich nur punktuell und unter hohen staatlichen Aufwendungen realisieren. Im Vergleich zu den 30er Jahren hat sich die globale Wachstumsdynamik schon längst in andere Regionen verlagert.
Die Handelsbeschränkungen würden – ähnlich wie die bisherige Sanktionspolitik – Gegenmaßnahmen provozieren und letztlich weitere inflationäre Schübe auslösen. Eine neuerliche Anhebung der Leitzinsen als Reaktion dürfte die Wirtschaft noch mehr belasten und eine Insolvenzwelle auslösen. In einer insgesamt schrumpfenden Wirtschaft würde sich die Arbeitslosigkeit erhöhen. Die dadurch ausgelöste Wirtschaftskrise wäre noch viel schwerer zu überwinden als in den 30er Jahren, weil sie in einem Umfeld hoher Schulden und einer polarisierten Gesellschaft stattfindet.
Was würde den Optimismus rechtfertigen
Der Optimismus an der Börse ließe sich also nur rechtfertigen, wenn man Trump eine pragmatische Politik zutraut, die den klassischen republikanischen Narrativen und historischen Erfahrungen widerspricht. Dafür spricht, dass er sich auch demokratische Verbündete, wie Robert Kennedy Jr. ins Boot geholt hat. Auch Elon Musk als Berater verfolgt eher klassische liberale Ideen als eine konservative Linie. Trump setzte bisher durchaus widersprüchliche Signale, so dass er zur Projektionsfläche für alle möglichen Hoffnungen werden konnte. Da Trump sich nicht um eine dritte Wahl bewerben kann steht er auch nicht unbedingt unter dem Druck parteipolitischer Raison. Eine Politik, die auf Interessenausgleich statt Konfrontation und Abschottung setzt, könnte tatsächlich positive Akzente setzen.
Zum augenblicklichen Zeitpunkt ist es jedoch zu früh, um darauf zu setzen. Nur so viel lässt sich sagen: das populistische Moment dieser Wahlen war kein Votum für ein klassisches konservatives Programm. Die Wahlen waren vor allem die Reaktion auf eine Politik, die sich von den Interessen breiter Bevölkerungskreise entfernt hat. Sie gründet auf einer seit Jahrzehnten für viele nicht mehr erreichbare Teilhabe an Wohlstandsverheißungen. Hinzu kam die Fokussierung traditionell eher interventionistischer Parteien auf akademische Diskurse, die bei diesen Menschen als politische Luxusthemen wahrgenommen werden.
Handlungsfähig bleiben einer Zeit der Unsicherheit
Wer jetzt voll auf Optimismus und breites Wachstum setzt könnte von einem dramatischen Einbruch überrascht werden. Steuersenkungen und Deregulierung in Verbindung mit protektionistischer Politik sind unter den aktuellen Bedingungen ein Rezept zur wirtschaftlichen Krisenverschärfung. Nicht nur die Stimmung in der Bevölkerung dürfte sich dann genauso schnell wieder drehen, wie in den 30er Jahren. Auch die Börse stellt dann eine Vermögensfalle dar.
Wie auch immer die Politik der zweiten Amtszeit von Trump ausfallen wird, in einem sind sich die meisten Analysten einig: Es steht uns eine Zeit der Unsicherheit bevor. Es ist deshalb noch wichtiger als bisher, sich nicht auf ein „wird schon irgendwie gut gehen“ zu verlassen. Auch das Setzen auf die großen Tech-Monopole ist alles andere als ein sicherer Tipp. Besser ist es, aktives Risikomanagement zu betreiben und angemessene Liquiditätspolster zu halten.