Am 30. Juni 2025 veröffentlichte der UN-Menschenrechts-Rat (OHCHR) ein Papier der Sonder-Berichterstatterin Francesca Albanese mit dem Titel „Von der Ökonomie der Besatzung zur Ökonomie des Völkermords“. Der Bericht zur Menschenrechtssituation in Palästina benennt detailliert die wichtigsten Unternehmen, die nicht nur an den völkerrechtswidrigen israelischen Siedlungsprojekten und ethnischen Säuberungen sondern auch am aktuellen Genozid in Gaza verdienen. Dazu zählen neben Rüstungs- und IT-Konzernen etliche bekannte Finanz- und Versicherungsunternehmen. Wir nehmen den Bericht zum Anlass, um Nachhaltigkeitsfonds auf Verwicklungen zu untersuchen. Wer sicher gehen will, dass keine Profite mit Völkermord gemacht werden, kann sich leider weder auf Nachhaltigkeitsratings noch auf FNG-Siegel verlassen. Nur akribische Recherche einzelner Titel offenbart die Verwicklung auch nachhaltiger Investmentfonds.
Verschiedene Formen der Komplizenschaft
Frau Albanese betont, dass die durch den Bericht aufgedeckte Komplizenschaft von Unternehmen mit Vertreibung und Völkermord nur die Spitze des Eisbergs ist. Diese könne jedenfalls nicht beendet werden, ohne den privaten Sektor zur Verantwortung zu ziehen. Dies sei völkerrechtlich möglich und auch geboten. Rechtsgrundsätze, die mit dem Prozess gegen Verantwortliche der IG Farben im Zusammenhang mit dem Holocaust eingeführt wurden, sind nach wie vor anerkannt und anwendbar. Anlegerinnen und Anleger müssen jedoch nicht solange warten, bis die unter erheblichem politischen Druck stehenden internationalen Rechtsorgane Urteile fällen. Das vorliegende Beweismaterial reicht aus, um selbstständig Konsequenzen zu ziehen.
Wenig überraschend finden sich unter den Profiteuren bekannte Rüstungskonzerne, die Israel mit Waffensystemen ausstatten. Auch vermeintlich „zivile“ schwere Maschinen werden systematisch zur Zerstörung palästinensischer Wohngebäude eingesetzt. Dass Überwachung und Durchführung von Verbrechen gegen die Menschlichkeit ohne leistungsfähige digitale und energetische Infrastruktur kaum in diesem Umfang möglich wäre, ist ebenfalls offenkundig. An der illegalen Ausbeutung von natürlichen Ressourcen und Rohstoffen in palästinensischen Siedlungsgebieten sind bekannte Rohstoffkonzerne genauso wie Logistikunternehmen beteiligt. Indirekt profitieren darüber hinaus eine Vielfalt von Firmen an der infrastrukturellen, agrarischen und anderweitigen wirtschaftlichen Entwicklung völkerrechtswidrig besetzter und „ethnisch gesäuberter“ Gebiete. Dazu gehören auch Dienstleister wie booking oder airbnb.
Last not least wäre ohne die bereitwillige Kooperation internationaler Finanz- und Versicherungskonzerne eine Finanzierung der „Genozid-Maschine“ kaum vorstellbar. Diese helfen insbesondere bei der Vermarktung israelischer Staatsanleihen, Vergabe von Krediten und Absicherung involvierter Firmen. Neben Allianz und AXA werden hier explizit BNP Paribas, Barclays, Blackrock und Vanguard genannt. (Eine Liste der rund 30 wichtigsten Aktiengesellschaften findet sich hier)
Genozid-Profiteure in ETF’s gebündelt
Nicht alle der etwa 60 ausdrücklich im Bericht genannten Unternehmen sind an der Börse gelistet und kommen als Standardwerte für Investmentfonds in Frage. Wir haben uns bei unserer Recherche auf die bekanntesten Aktiengesellschaften konzentriert. Etwas mehr als die Hälfte diese Unternehmen sind bei facing finance bereits aus verschiedensten Gründen als kontroverse Unternehmen gelistet. Es ist ohne allzu großen Aufwand möglich, anhand der Datenbank die Beteiligung von Nachhaltigkeitsfonds an diesen Unternehmen festzustellen. Das heißt allerdings auch: fast die Hälfte der indizierten Unternehmen könnten noch unerkannt in als nachhaltig proklamierten Fonds „schlummern“. Dies gilt für alle genannten Finanzkonzerne, weil Facing Finance kein einziges dieser Unternehmen als kontrovers listet – trotz bekannter problematischer Investitionen in Milliardenhöhe.
So gut wie alle der durch den Menschenrechts-Rat indizierten Genozid-Profiteure sind gebündelt in den als nachhaltig gelabelten ETF’s der bekannten Anbieter (Amundi, Ishares, Lyxor, UBS, Vanguard, x-tracker) zu finden. Dies bestätigt eine bereits seit Längerem formulierte Kritik an diesen Produkten: Im Grunde handelt es sich dabei um Mogelpackungen. Auch gemanagte Nachhaltigkeitsfonds enthalten jedoch eine ganze Reihe von indizierten Unternehmen. Wir haben uns in der weiteren Analyse auf diejenigen konzentriert, die als besonders streng gemanagt gelten. Dazu haben wir diejenigen selektiert, die mindestens ein 5-Sterne-Nachhaltigkeitsrating der Ratingagentur ISS oder ein FNG-Nachhaltigkeitssiegel aufweisen (Ohne Anspruch auf Vollständigkeit).
Genozid-Fonds mit Nachhaltigkeitssiegel
Leider können Anlegerinnen und Anleger sich nicht darauf verlassen, dass Fonds mit sehr guten Nachhaltigkeitsratings oder FNG-Siegel „sauber“ sind. Einzelne Nachhaltigkeitsfonds von J Safran Sarasin und der DKB bestehen sogar zu über 10 Prozent des Portfolios aus Anteilen der benannten Genozid-Profiteure. Die oben genannten Finanztitel sind hier noch nicht einmal berücksichtigt. Über 20 der von uns identifizierten Fonds mit Anteilen an indizierten Unternehmen verfügen über ein FNG-Siegel – die meisten sogar mit 3-Sterne-Höchstbewertung. Problematische Titel finden sich auch in kirchennahen Nachhaltigkeitsfonds. Generell lässt sich feststellen: Je höher laut Facing Finance der Anteil allgemein problematischer Titel, desto höher ist auch der Anteil der Genozid-Profiteure. Das bestätigt unseren bisherigen Ansatz, nicht nur Siegel und Ratings bei der Vorauswahl zu berücksichtigen, sondern auch den Anteil kontroverser Unternehmen möglichst niedrig zu halten. Dennoch haben auch einige der von uns bisher empfohlenen Fonds zumindest geringfügige Anteile an indizierten Unternehmen.
Eine sehr strenge Selektion der Fonds kann tatsächlich dazu führen, dass man Renditeabstriche in Kauf nehmen muss. Erfolgreiche IT-Konzerne wie Alphabet (Google), Amazon oder Microsoft, die auch wegen ihrer Marktbeherrschung problematisch sind, finden sich in vielen Nachhaltigkeitsfonds – insbesondere Klimafonds. Für die in großem Umfang verwickelten Fonds findet sich aber allemal adäquater Ersatz. Wer will, dass keine Profite mit Völkermord gemacht werden, findet in der folgenden Liste jedenfalls eine erste Orientierung für den schrittweisen Ausstieg aus der Finanzierung.
Nachhaltigkeitsfonds mit FNG-Siegel oder mindestens 5 Sterne ESG-Rating durch ISS im Portfolio


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