Der BRICS-Gipfel in Johannesburg hat den Fokus der Finanzmärkte wieder einmal auf eine Weltregion gerichtet, die über 40 Prozent der Weltbevölkerung, etwa ein Drittel der Landfläche und auf der Basis Kaufkraft-Parität laut IWF die G-7 Länder bereits an wirtschaftlicher Bedeutung überholt hat. BRICS+ bedrängt nun auch den US-Dollar als Reservewährung.
Sechs neue Mitglieder
Es war ein historisches Treffen. 30 Länder hatten ihre Teilnahme bestätigt, Hochrangige politische Entscheidungskräfte sowohl der UN und der Afrikanischen Union als auch von regionalen Wirtschaftsgemeinschaften Afrikas waren geladen.
40 weitere Staaten hatten im Vorfeld Interesse an einer Mitgliedschaft in diesem Staatenbund geäußert. 23 davon haben konkrete Bewerbungen laufen. Nun steht fest: Sechs sollen in 2024 aufgenommen werden, darunter Iran, Saudi-Arabien und die Vereinigten Arabischen Emirate.
Bemerkenswert ist, dass eine große Zahl der Länder mit Beitrittsambitionen Schlüsselrollen bei der weltweiten Versorgung mit Rohstoffen einnehmen. Das Machtpotenzial der wachsenden Gruppe ist deshalb erheblich. Die Frage ist zwar, ob es angesichts heterogener Interessen der beteiligten Länder zur Entfaltung kommen kann. Die Aufnahme diplomatischer Beziehungen zwischen den Erzrivalen Iran und Saudi-Arabien unter chinesischer Vermittlung deutet zumindest darauf hin, dass sich eine Wende zu einer multilateralen Weltordnung anbahnt.
US-Dollar als Reservewährung in Bedrängnis
Die Gruppe verfolgt laut eigener Aussage das Ziel, die Stimme von Schwellen- und Entwicklungsländern zu stärken und ihre Interessen auf internationaler Ebene zu vertreten. Das hat bereits jetzt schon politische Konsequenzen. Das im Westen vorherrschende Narrativ von der russischen Alleinschuld am Ukraine-Konflikt wird von der Mehrheit dieser Länder nicht geteilt. Im Falle eines erfolgreichen Abschlusses aller Beitrittsverhandlungen repräsentiert BRICS+ wohl bald die Mehrheit der Weltbevölkerung. Das alles ist nicht nur politisch relevant. Es wird auch Auswirkungen auf die Finanzwelt haben, denn die Staaten arbeiten zielstrebig an eigenen Finanzinstitutionen.
In Kaufkraft gemessen haben die BRICS-Länder bereits heute die G7-Gruppe wirtschaftlich überholt. Nun steht auch die Hegemonie des US-amerikanischen Finanzsystems zur Disposition. BRICS+ bedrängt jedenfalls den US-Dollar als Reservewährung. Was heißt das für Anleger*innen? Mittelfristig: Unruhe an den dollarlastigen Wertpapiermärkten. In letzter Konsequenz: Abschied von moralischer Überheblichkeit – vielleicht auch in Nachhaltigkeitsfragen. Im schlimmsten Fall: weitere militärische Eskalationen